Unas Preguntas - Ein, zwei Fragen
Dokumentarfilm von Kristina Konrad, 237 Min., Deutschland/Uruguay 2018
Uruguay Ende der 80er Jahre
1986 verabschiedete das Parlament ein Amnestiegesetz für die während der Diktatur (1973 - 85) von Militär und Polizei begangenen Menschrechtsverletzungen und Verbrechen. Eine Volksinitiative forderte in einem Referendum eine Volksabstimmung über das umstrittene Gesetz. Viele Angehörige von Verschwundenen und Ermordeten verlangten nach Aufklärung, die durch das Gesetz der Straffreiheit verhindert wurde.
Unas preguntas verarbeitet U-matic-Aufnahmen, die in der Zeit von 1987-89 entstanden und hauptsächlich aus Straßeninterviews bestehen. Wie in einer Zeitkapsel entsteht ein vielschichtiges Bild des Landes und seiner Bewohner,in denen die Werte einer demokratischen Gesellschaft, Begriffe wie: Frieden, Gerechtigkeit, Gleichheit, immer wieder hinterfragt und neu ausgelotet werden.
- Realisation und Kamera:
- Kristina Konrad
- Gespräche und Ton:
- María Barhoum, Graciela Salsamendi
- Montage und Dramaturgie:
- René Frölke
- Produktion:
- weltfilm GmbH
Festivals
World Premiere: 68 Berlinale/Forum
International Premiere: Cinéma du Réel, Paris
20 Bafici, Buenos Aires
36 Festival Internacional de Cine, Montevideo/Uruguay
Lincoln Center: The Art of the Real 2018
Olhar de Cinema, Festival Inter. de Curitiba, Brazil
Sheffield DocFest
ICA Art London
BlackCanvas, Mexico
DocLisboa
Duisburger Filmwoche
RIDM Montréal
35 Torino Film Festival: Special Jury Prize for Internazionale.doc to:
UNAS PREGUNTAS by Kristina Konrad (Germany/Uruguay)
TRANSCINEMA Festival Internacional de Cine, Lima: COMPETENCIA RESISTENCIA Mejor Película / Best Film
One World Romania 12/ 2019
Dokumentarfilmwoche Hamburg 2019
Presse
Mein Film des Jahres: UNAS PREGUNTAS von Kristina Konrad, im Forum der Berlinale noch übersehen, bei der Dokumentarfilmwoche in Duisburg passte es dann
Bert Rebhandl / Cargo – Was vom Jahr bleibt
Zu den großen Entdeckungen des dies- jährigen Programms der Dokumentarfilmwoche wären mindestens noch zwei Titel zu zählen: der monumentale Interview- Film „Unas Preguntas“ von Kristina Konrad, der im Februar im Forum der Berlinale unerklärlicherweise wenig bemerkt wurde, und „Der Funktionär“, ein Porträtfilm von Andreas Goldstein über seinen Vater Klaus Gysi. „Unas Preguntas“ ist auch eine Schatzhebung. Ende der 1980er Jahre hielt sich die gebürtige Schweizerin Kristina Konrad in Uruguay auf und beobachtete dort das zivilgesellschaftliche Engagement gegen die Amnestie für Straftaten im Zu- sammenhang mit der Militärdiktatur in den Jahren nach 1973. Das Material wurde erst jetzt, nicht zuletzt unter Mitwirkung von René Frölke, aufbereitet und in eine vierstündige Schnittfassung gebracht. Das Ergebnis ist ein absoluter Schlüsselfilm über den Prozess der Demokratie. Jeder Beitrag, jede sprachliche Stellungnahme, aber auch jede Geste der Abwehr, jede Sug- gestion auf Seiten der Fragestellerin, alles deutet auf die Fehlbarkeit eines Verfahrens hin, das doch in seiner Gesamtheit (die der Film mit seiner beträchtlichen Dauer, bei der Vorführung in Duisburg auch ohne Pause) ein ungeheures Versprechen ausmacht: dass Menschen gewaltlos einander selbst re- gieren könnten (und vielleicht sogar noch mit dem Anspruch auf Gerechtigkeit). Bert Rebhandl / FAZ
Nun, mit zeitlicher Distanz, hat Konrad, unterstützt von René Frölke, dem Cutter, das inzwischen historische Videomaterial in „Unas Preguntas“ (deutsch: Einige Fragen) zu einem vierstündigen Dokumentarfilm arrangiert. Entstanden ist eine packende Chronik der damaligen Ereignisse in Uruguay und ein vielschichtiges Porträt der südamerikanischen Gesellschaft bei der Rückkehr zur Demokratie.
Dank einer überzeugenden Montage gelingt es Konrad und Frölke, das zeithistorische Material ohne nachträgliche Kommentierung zu einer komplexen Erzählung zu verdichten. Es zeigt kontroverse Erfahrungen und Interpretationen der gewalttätigen Vergangenheit. Der Dokumentarfilm vermittelt dadurch eine Ahnung des unerbittlichen Widerstreits der politischen Lager über die Zukunft des kleinen Landes. EVA-CHRISTINA MEIER, taz
Was sie mit ihren einfachen Handkameras eingefangen haben, ist heute, fast 30 Jahre nach den Geschehnissen, ein historisches Dokument. Die Qualität der alten Bilder, das Rauschen, haben heute einen ästhetischen Charakter – die gezeigten Auseinandersetzungen jedoch zum Teil erschreckende Gemeinsamkeiten mit aktuellen Geschehnissen.
Unas preguntas von Kristina Konrad ist ein Film, der durch verschiedene Lebensrealitäten geht und diese offen und ehrlich zeigt, der zuhört und nachhakt, ohne dabei aufdringlich zu wirken. Der sich Zeit nimmt und lange dauert, aber nicht langweilig wird, der die Anspannung und Verunsicherung Vieler und die Hoffnung Einiger darstellt. Nicolai Raphael Pfaff, Lateinamerika Nachrichten
Man hört eine Pluralität an Meinungen, erlebt eine Gesellschaft im Umbruch und erkennt die zentrale Bedeutung des öffentlichen Raums für das Austragen politischer Auseinandersetzung. Ein Szenario praktizierter Demokratie, das derzeit vielerorts erneut verteidigt werden muss. Birgit Kohler, Forum
In UNAS PREGUNTAS ist der Horror schließlich subtiler, unsichtbarer: Er steckt in den Stimmen der auf der Straße Befragten, in den Erzählungen von Folter, Vergewaltigungen und Entführungen aus der Zeit der gerade beendeten Militärdiktatur. Die Bilder der Agora erinnern an den Schrecken, der unter ihnen lagert, halb unsichtbar und halb durchscheinend – nie ganz verschwunden, stets zur Rückkehr bereit.
Noch mehr als zwischen verschiedenen Diskursen spielt sich der politische Kampf vielleicht zwischen den Bildern ab, etwa zwischen den Farben, die in der Zeit vor dem Referendum in Uruguay zu den Logos der kontrahierenden Lager werden: Die „Grünen“ sind für, die „Gelben“ gegen die Aufhebung der Amnestie für das Militär, und sie liefern sich im Fernsehen eine Propagandaschlacht, in der zwischen Autoreifen, Kühlschränken und Kaffee zwei politische Positionen wie attraktive Produkte beworben werden (worin UNAS PREGUNTAS Pablo Larraíns NO! ähnelt, in dem es um die etwa zur gleichen Zeit stattfindende Werbekampagne für freie Wahlen am Ende der Pinochet-Ära in Chile geht). Selbst die Werbung der Grünen, welche die Militärs verurteilt sehen wollen, erinnert in keiner Weise an die Gräuel der Diktatur – stattdessen sieht man fröhliche Menschen, TänzerInnen und Mähdrescher. Indem Konrad immer wieder diese Fernsehclips in ihre Interviewsammlung zwischenschneidet, werden die gesammelten Stimmen in den vier Stunden Material als endlose Variationen dieser zwei Logos erkennbar – als würde Konrad eine Umfrage bei Kunden durchführen, für welches Produkt sie sich entschieden haben. Das (Werbe-)Bild entspricht weniger einer konkreten politischen Botschaft als einem reinen Signal, einem Farbimpuls, der die Leute in verschiedene Richtungen orientiert. Philipp Stadelmaier, berlinale forummagazin Filmdemokratien
Im besten Fall kommen die AnhängerInnen der verschiedenen Positionen in einem zutiefst gespaltenen Land, dessen episches und kaleidoskopartiges Bild Konrad in ihrem beeindruckenden Film zeichnet, auf der Straße vor ihrer Kamera ins Gespräch miteinander. Nicolai Bühnemann, filmgazette
Four hours may sound like a tall order for a Monday night in NYC, but every second of Kristina Konrad’s extraordinary, urgent ONE OR TWO QUESTIONS—playing tonight at @FilmLinc’s Art of the Real—is well worth it. What emerges is not a televisual mishmash of stock images and sound bites, but the rare archival film that actually trusts its material, a work of the most profound respect for those who become, in varying degrees of complicity, the subject of media images. It is an eminently diligent, honorable attempt to let the people speak—even if it is too late—and not a second of it is superfluous. Leo Goldsmith, Artforum
Letterboxd reviews:
One or Two Questions is an engrossing, powerful, and frequently funny look at democracy in action. Film society of Lincoln Center
Cinema as a platform for democracy in its infancy. Street as a stage of public forum. Television as a machine of propaganda. It's important that Konrad and editor René Frölke keep the footage in their original form so we get to see how a conversation develops in its entirety. A simple but essential question, "What is peace?" can initiate many different aspects of people's opinions at the time. Uforock
A mesmerizing trip into the political mindset of a whole country. The contradictions, the ignorance and the open wounds that still bleeds are exposed via gestures, painted walls and the voices of the people who have to choice between reconcilation or justice. Along with Beckerman's 'The Waldheim Waltz' this is another example of great political cinema that use archive in order to exorcisize the ghost that haunts the present. Lucas Granero
A great portrait of the frailty of democracy. The interviews become tiring, sure, but what worth would such a film have if it didn't allow a substantial number of people to have their due screentime? Diogo Vale
Edited 30 years after it was shot, Konrad’s film exemplifies the relevance that history and archives play in contemporary cinema when consciously deployed in a meaningful context and not as mere vintage objects. sight – sound magazine
Bulletin vert, bulletin jaune ? Le micro-trottoir enregistre alors moins la variété des opinions que le retour d’une âpre lutte des classes. Plus la date du suffrage approche, plus la complexité historique émerge, et moins la trinité démocratie-justice-égalité semble aller de soi. Charlotte Garson, cinéma du réel